Brüder auf unterschiedlichen Wegen
Anton Brehme hatte am Vorabend mit der Nationalmannschaft die Sensation verpasst, sein Zwilling Louis sorgte mit den L.E. Volleys am Samstagabend für eine Überraschung. Die abstiegsbedrohten Leipziger Hünen siegten zum Auftakt der Zweitliga-Rückrunde 3:2 gegen den Favoriten Schwaig. Der Zehnte gewann das spannende Match gegen den Fünften vor 270 bestens gelaunten Fans in der Brüderhalle nach mehr als zwei Stunden 23:25, 25:20, 19:25, 25:17, 15:13.
„Endlich haben wir gezeigt, was wir können“, verkündete Louis Brehme selbstbewusst. Sein Coach Christoph Rascher ist mehr denn je überzeugt von der Qualität seiner Schützlinge: „Ich finde, dass in meiner Mannschaft viel Potenzial steckt.“ Rascher ist akribisch, aber nach dem ersten Erfolg des Jahres von Überschwänglichkeit weit entfernt. „Es ist ja nicht so, dass wir heute alles richtig gemacht haben. Wir nehmen den Sieg mit, weil wir gezeigt haben, was wir können. Aber wir haben auch eine Menge gezeigt, was wir verbessern können“, mahnt der zwei Meter große Trainer-Riese. „Gerade gegen Gegner, gegen die wir gewinnen müssen, tun wir uns schwer. Und gegen Mannschaften, wo wir frei aufspielen können, gelingt uns auch so ein Spiel.“
Von der Nationalmannschaft und deren Taktiken habe er sich nichts abgeguckt, aber die Spiele der Olympia-Qualifikation unter der Woche aufmerksam verfolgt. Seine Spieler schauten die Partien der Deutschen auch – gemeinsam, aber erwartungsgemäß war der Coach nicht eingeladen. „Wir haben uns in Gruppen getroffen und viel über die Spiele diskutiert“, sagte Brehme, der beim Auftaktspiel gegen Tschechien in Berlin auf der Tribüne saß. „Leider musste ich zurück nach Leipzig, weil das Training weiterging. Aber Anton und ich telefonieren vor jedem Spiel.“
Die Leistungsunterschiede der Brüder sind in etwa wie die Größe der Zwillinge: Der eine spielt ganz oben mit, der andere kämpft in der 2. Liga um den Klassenerhalt. „Es ist perfekt hier. Nebenbei studiere ich, deswegen ist es genau so, wie ich es mir vorstelle“, ist der angehende Hotel- und Touristikmanager Louis keineswegs neidisch.
Während er auf dem Parkett die Zukunft der Volleys bestimmt, müssen auch im Hintergrund Entscheidungen getroffen werden. Seit Manfred Wiesinger vor Weihnachten seinen Rücktritt als Präsident der Volleys bekanntgab, hat sich noch kein Nachfolger gefunden.
Auf Sportbuzzer-Nachfrage heißt es, man sei sehr guter Dinge. Auf der Mitgliederversammlung soll alles verkündet werden, mehr wolle man jedoch nicht dazu sagen. Das Datum der Mitgliederversammlung ist jedoch noch nicht gesetzt – so kann auch Druck vom Kessel genommen werden.
Ob der Nachfolger den Transfer-Coup des Jahrzehnts landet und Anton Brehme zurück in die Heimat holt, die Brüder also wieder vereint? Coach Rascher ist Realist: „Der Anton ist so gut, den sehe ich bald bei Mannschaften in der Champions League.“
✏️Anton Kämpf (LVZ, 13.01.2020)